Kalkabbau auf dem Heinrichsberg
(alle Unterlagen aus dem Dorfbuch von1997, chronologisch sortiert)
1888
….“Am 31.7. 1888 zeichnet sich der Wille einer besseren kommerziellen Nutzung der örtlichen Kalksteinvorkommen ab. Es geht um den Verkauf oder die Verpachtung des Heinrichsberges an den Steinbruchbesitzer Biehling in Butzbach. “Der ganze District soll dem p. Biehling verpachtet werden nach einem noch näher aufzustellenden Vertrag, dessen Anerkennung der Gd. Rth. sich vorbehält”…..
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Gemeindeverwaltung“, S. 400 (Autor: Gerhard Ludwig)
1889
….“Da der hoch über das Gemarkungsgelände aufragende Kalksteinkegel noch ohne geeignete Zufahrt war, mußte die Gemeinde eine solche zum Vizinalweg Ebersgöns - Oberkleen erstellen lassen. Der notwendige Gemeinderatsbeschluß vom 6.9.1889 lautete: "Da wir den Walddistrict Heinrichsberg mit Genehmigung der höheren Behörden an Herrn Biehling von Butzbach zum brechen von Kalksteinen verpachtet haben und zu demselben nur ein schmaler Gewannweg fiihrt, der also kein Gemeinde-Eigentum ist. Da nun die Gemeinde Grund und Boden zum Weg stellen muß, sind wir genoethigt einen zu kaufen, zudem uns die Verpachtung des genannten Berges eine schöne Summe jährlich einbringt, bitten wir die höheren Behörden um geneigte Genehmigung“.
Diese war ausgesprochen worden. Jetzt mit dem Bahnanschluß der BLE (Anmerkung: Butzbach Licher Eisenbahn) in 1910 war parallel zu diesem Zufahrtsweg von den neuen Steinbruchpächtern ein Schmalspuranschluß mit Bremsberg für ihre Kipploren bis zum Bahnhofsgelände Ebersgöns gebaut worden. Es ermöglichte eine direkte Verladung der Kalksteinprodukte in die Waggons der Reichsbahn.“ …
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Verkehrswege“, S. 298 (Autor: Gerhard Ludwig)
….„Auf dem Heinrichsberg ”in Ebersgöns, wird von dem Butzbacher Kaufmann und Unternehmer Phillip Biehling ein neuer Ringofen und Kamin errichtet, um dort aus den gewonnenen Kalksteinen industriemässig Kalk zu brennen. Das Kalksteine-brechen und Kalkbrennen hatte in Ebersgöns schon Tradition seit dem 14./15. Jahrhundert. Nach Funden in 1911/12 bei Dränagearbeiten zur 1. Flurbereinigung stieß man auf den gemeindeeigenen Heidäckem östlich des Dorfes (heutige Siedlung) auf Grundmauern einer alten Kapelle, die entgegen dem sonst üblichen Lehmmörtel aus bereits inKalkmörtel vermauerten Kalksteinen bestanden“….
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Zeittafel“, S. 19 (Autor: Gerhard Ludwig)
„Dieser Eisemann Mendel (nicht Mändel) geb. ca. 1845 war bereits wieder der älteste Sohn dieses Ehepaares und besorgte die Gastwirtschaft im Haus“ ……
….„Er muß auch bereits mehr Ackerfläche besessen haben. So erscheint er in einer Nachweisung vom 12.10.1889 der Gemeinde Ebersgöns zum Kauf einer Teilackerfläche zum Bau eines Weges vom Kalkofen in den Walddistrikt Heinrichsberg“…..
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Jüdische Gemeinde“, S. 139/140 (Autor: Gerhard Ludwig)
….“Das benötigte Stein- und Schottermaterial hierzu wurde meistens seit dem 15. Jahrhundert in Winterarbeit “im Akkord" von den Landwirten in den gemeindeeigenen Kalksteinbrüchen "Am Wetzelsberg " (= die alte Steinkaut) und nach 1889 in dem von Fabrikant Biehling, Butzbach, neu eröffneten, gepachteten “Auf dem Heinrichsberg" gebrochen und meßbar aufgeschichtet.“….
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe“, S. 204 (Autor: Gerhard Ludwig)
1891
….“ Schon am 7.3.1891 meldete der Amtsbürgermeister Hardt, Rechtenbach, an den Kreisbaumeister Kämpfer in Wetzlar: “Der kreiseigene Straßenwärter Lauber kann die anfallenden Ausbesserungen nicht allein bewältigen und es müssen zeitweise weitere Hilfskräfte von der Gemeinde gestellt werden. Das benötigte Steinmaterial kommt jetzt schon aus dem neueröffneten Steinbruch auf dem Heinrichsberg."…..
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Verkehrswege“, S. 301 (Autor: Gerhard Ludwig)
1900
….“Der erste Pächter und Errichter der Kalkbrennerei/Kalkofen aus 1888 Herr Biehling aus Butzbach ist pleite und so über-nimmt: “Mit einem neuen Pachtvertrag die Firma Vogtsche Dampfziegelei zu Butzbach den Kalksteinabbau im Gemeindewald "Heinrichsberg" mit einer Pachtsumme von 800 Mark/Jahr".“….
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Gemeindeverwaltung“, S. 401 (Autor: Gerhard Ludwig)
1904
…“Am 16. 2. 1904 tritt mit dem Kalksteinbrennereibesitzer Küchel aus Butzbach ein neuer Pächter für den Heinrichsberg auf den Plan. Er wünscht auch einen Teil des Distriktes 14, Wetzelsberg, zur Gewinnung von Kalkstein zu pachten.“…
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Gemeindeverwaltung“, S. 401 (Autor: Gerhard Ludwig)
1910
1910 wurde die Strecke der Butzbach-Licher-Eisenbahn von Butzbach bis nach Oberkleen ausgebaut. Der Ausbau erfolgte - wie Lehrer Brill in der Ortschronik berichtet - auf Wunsch der damaligen Betreiber des Kalkofens, den Gebrüdern Vogt, da dadurch der Transport des auf dem Heinrichsberg abgebauten Kalks schneller und in größerem Umfang erfolgen konnte. Der für den Bau notwendige "Gemeinderathsbeschluß ” war bereits am 31.12.1906 und die Festlegung des Bahnhofstandortes am 18.12.1907 erfolgt.
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Bevölkerungsentwicklung“, S. 110 (Autor: Gerold Reitz)
In 1910 ein weiterer Höhepunkt. "Ebersgöns wurde 1910 dem Weltverkehr erschlossen", jubelt Brill in der Chronik und nimmt mit seinen Schulkindern, wie alte Bilder zeigen, zusammen mit den übrigen Einwohnern, geschlossen am Fuß des Heinrichs-berges am 13. Mai 1910 am großen Einweihungsfest der Butzbach-Licher-Eisenbahn teil. Mit ihr war nicht nur der Transport von Kalk, Kalksteinen, landwirtschaftl. Gütern u. Dünger, Holz etc. nach Butzbach möglich, der Personenverkehr erschloß den Anschluß zu Reisen mit der Reichsbahn und für Lehrer und Schüler wichtig, zu den weiterführenden Schulen in Butzbach.
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Schulgeschichte“, S. 110 (Autor: Gerhard Ludwig)
1911
23. Februar - Die Firma Glässner, Küchel und Co, Butzbach, zahlt an die Gemeinde Ebersgöns eine Mindestjahrespacht für den Kalksteinbruch “im Heinrichsberg" von 800 MK.
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Zeittafel“, S. 20 (Autor: Gerhard Ludwig)
1931
Lehrer Richard Lodahl schrieb am 12.04.1931 :
“Ebersgöns hat 442 Einwohner, 86 Haushaltungen, 49 Schulkinder. Trotz der allgemeinen Notlage des deutschen Volkes hat sich der Wohlstand hier immer mehr gehoben Dreißig bis vierzig Leute finden das ganze Jahr über Beschäftigung in dem Kalkwerk auf dem nahen Heinrichsberg. Während sonst überall im deutschen Reich die Erwerbslosigkeit katastrophal sich auswirkt, haben wir hier keine Arbeitslosen. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß jährlich ungefähr 45000 RM aus dem Kalkwerk in das Dorf fließen. Das ist die Goldgrube von Ebersgöns.“
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Bevölkerungsentwicklung“, S. 112 (Autor: Gerold Reitz)
1933
….“Zuvor hatte schon aus Anlass der “Machtübernahme ” in Ebersgöns und Oberkleen ein von der NSDAP und SA örtlich organisierter Fackelumzug mit Abbrennen eines großen Holzfeuers auf dem Heinrichsberg stattgefunden“……
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Jüdische Gemeinde“, S. 147 (Autor: Gerhard Ludwig)
1939 – 45
….“Die Russen lebten in einem Lager auf dem Heinrichsberg und die Polen (z.B. Michael Grace, geb. 23.06.18 in Tomaszo und Denyslaw Kruwoizek, geb. 31.01.16 in Lublin), Holländer (z. B. Leonhardus Bentwelzen, geb. 25.07.21 in Ryswyk) und sonstigen Zwangsdeportierten - alles in allem handelte es sich um etwa 60 Personen - hatten in den Häusern der Landwirte, bei denen sie arbeiteten, Unterkunft gefunden.“ ….
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Bevölkerungsentwicklung“, S. 115 (Autor: Gerold Reitz)
1943
Einrichtung eines Arbeitslagers für Kriegsgefangene aus der Sowjetunion auf dem Heinrichsberg. Ca. 20 gefangene Männer müssen im Kalksteinbruch Zwangsarbeiten. Zudem sind zur Hilfe in der Landwirtschaft noch zwangsdeportierte Frauen und Männer aus Holland, Polen, Ukraine und Sowjetrussland in Bauernhöfen von Ebersgöns untergebracht.“
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Zeittafel“, S. 23
…. so kamen 1943 noch gefangene Russen dazu, die schwere körperliche Arbeit auf dem "Kalkofen Heinrichsberg " für die deutsche Schwerindustrie verrichten mußten.“….
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Schulgeschichte“, S. 365 (Autor: Gerhard Ludwig)
1945
29. März - US-Truppen besetzen mit ihren Panzern Ebersgöns von Oberkleen kommend. Wegen vorausgegangenem Beschuss von Deutschen SS-Truppen vom Heinrichsberg, wird dabei von ihnen die Scheune von Karl Schindel, Hauptstr. 59, in Brand geschossen und brennt einschließlich Heu- und Strohvorräte ab.
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Zeittafel“, S. 23 (Autor: Gerhard Ludwig)
….“Den ersten und einzigen kriegsbedingten Einsatz hatte man am 29. März 1945 zu bestehen, als eine in der Nähe des Dorfes liegende SS-Einheit vom Heinrichsberg aus versucht hatte, die von Oberkleen her vordringenden Amerikaner aufzuhalten. Dabei war die Scheune von Karl Schindel durch eine Granate in Brand geschossen worden. Sämtliches Vieh konnte durch gemeinsames Vorgehen von Deutschen und Amerikanern gerettet werden, an der Scheune entstand jedoch erheblicher Sachschaden.“……
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Vereine“, S. 448 (Autor: Gerold Reitz)
1962
Schliessung des Steinbruchbetriebes und Kalkofens “Auf dem Heinrichsberg" wegen Unrentabilität (Wassereinbruch in der Grube). Es entsteht ein neuer Fischteich.
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Zeittafel“, S. 25 (Autor: Gerhard Ludwig)
…..„Zum einen wurde der Kalksteinabbau bis zu seiner Einstellung 1962 weitergeführt; dann wurde das Gelände, auf dem sich der Ofen befand, an die Firma Süd-West-Metall (später in KVG umbenannt) verkauft, die sich dort mit der Verwertung von Kabeln beschäftigte. Ab diesem Zeitpunkt hatte der “Heinrichsberg ” als Arbeitgeber allerdings keine Bedeutung mehr für den Ort. Anfang des Jahres 1990 kam das Gelände wegen des Verdachtes, bei den dort durch die KVG jahrzehntelang durchge-führten Verbrennungen von Kabelummantelungen die Umwelt mit dem Sevesogift Dioxin belastet zu haben, hessenweit in die Schlagzeilen. Mittlerweile wurde die Verbrennung eingestellt, noch zu erwartende Spätfolgen wird wohl die Allgemeinheit zu tragen haben, denn der Betreiber hat rechtzeitig Konkurs angemeldet.“……
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Bevölkerungsentwicklung“, S. 124 (Autor: Gerold Reitz)
Sonstiges (Flurname):
„31. Heinrichsberg (8/4)
Die Bezeichnung “Heinrichsberg’’ taucht zum ersten Mal 1331 auf in der Verbindung mit "An dem Graben vordem Heinrichsberge” auf. Möglicherweise deutet die Bezeichnung auf den Namen des Besitzers hin. Interessant ist der Hinweis aus dem Verkaufsprotokoll der Gemeinde vom 15. Juni 1840. Dort ist von einer Lohhecke "Am Höllerichsberg ” die Rede. Man geht nicht fehl in der Annahme, daß mit dem Höllerichsberg der Heinrichsberggemeint ist. Eine Bestätigung ließ sich trotz intensiver Recherche nicht finden.
Der eigentliche Heinrichsberg liegt als eine bewaldete Enklave in der Feldgemarkung. Sie wurde jedoch aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen. Als die Ausbeutung des darin liegenden Steinbruchs 1962 eingestellt wurde, sammelte sich auf der Bruchsohle Wasser, und es entsteht ein Fischteich. Der Wasserstand hat eine Durchschnittshöhe von 2,50 m. Stellenweise steht der Pegelstand bei 3,50 bis 4 m. Heute ist der Heinrichsberg ein geschützter Landschaftsbestandteil mit ausgewiesener Gewerbefläche.“
Quelle: Dorfbuch Ebersgöns, 1997, Kapitel „Flurnamen“, S. 244 (Autor: Werner Schier)
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